1000 Meter nach unten – und wieder nach oben!

Der Tag beginnt irgendwie doof, jedenfalls für mich. Wir sind ja mal wieder im Park, dem Grand Canyon National Park. Also ist das mal wieder etwas schwierig mit dem Essen. Eigentlich ist fast alles ungenießbar, doch etwas essen muss man ja 🙁 Ich bestell mir eine Waffel mit frischer Erdbeersoße und Schlagsahne zum Frühstück. Dann nehme ich den Streuer und lasse großzügig Puderzucker über meine Waffel streuen. Es sollte schon besonders viel sein, denn dann schmeckt es besser. Am Ende stelle ich fest, dass es leider kein Puderzucker war, sondern Parmesan! Na toll, da stand kein Schild dran und bei den anderen Hotels war der Streuer immer für Puderzucker. Ich sitze schlecht gelaunt über meiner Parmesanwaffel und esse sie tapfer auf, denn alles andere ist ja auch nicht besser 😠. Wenn man nichts gutes zu essen bekommt, dann kann man schon etwas schlecht gelaunt sein… Ich habe schon Tagträume von einem leckeren frischen Schwarzbrot, leckerem Käse und einer Scheibe Gurke…
Heute steht wandern im Grand Canyon auf dem Plan. Der Grand Canyon ist in über hunderte Millionen von Jahren durch Erdbeben, Vulkanausbrüchen und dem Colorado River so entstanden wie er heute ist. Unten im im Tal am Fluss, der ca. 1.300 Meter tiefer liegt, ist es deutlich wärmer als oben an dem Canyon-Rand. Untern herrscht immer mehr ein subtropisches Klima – was wir auch beim Abstieg deutlich zu spüren bekommen haben. Die meisten Wanderer, die ganz bis zum Fluss laufen, zelten dort eine Nacht und laufen dann am nächsten Morgen wieder nach oben.
Wir haben uns den Bright Angel Trail ausgesucht. Unser Ziel soll Indian Garden sein, ein Campground 1.000 m unter uns in 7,5 km Entfernung. Das soll ca. die Hälfte der Wegstrecke bis zum Colorado River sein. Es wird mehrmals auf Schildern darauf hingewiesen, dass man sich bitte auf keinen Fall mit seiner Route überschätzen soll und man soll auf keinen Fall an einem Tag ganz runter zum Fluss und wieder hoch laufen. Das ist viel zu anstrengend. Man soll genug Wasser und Verpflegung bei sich haben. Es gibt auch überall Wasserstationen. Das Trinkwasser schmeckt uns hier jedoch überhaupt nicht, somit haben wir unsere Wasservorräte im Rucksack verstaut. Von hier oben sieht der Weg gar nicht so weit aus und runter geht es auch relativ gut. Der Weg führt immer im Zick Zack den Canyon hinunter. Ab und zu ist es etwas rutschig, da es heute morgen schon geregnet hat. Den ersten Regenschauer konnten wir gut mit unseren Regenjacken abfangen. Es ist angenehm warm, aber nicht zu heiß, da viele Wolken am Himmel sind, ist ausreichend Schatten auf unserem Wanderweg vorhanden. Uns kommen jede Menge Wanderer von unten entgegen. Diese sind alle völlig durchgeschwitzt und sehen echt fertig aus. Uns kommt der Abstieg allerdings gar nicht schwierig vor, man muss ein bißchen gucken, wo man hintritt, aber sonst können wir uns an dem Weg und den Felsen erfreuen. Wir beobachten die unterschiedlichen Gesteinsschichten in den Felsen. Ganz oben ist Wald, dann kommt eine weiße Gesteinsschicht, dann eine rote, dann kommt eine graue Schicht und es wird wieder grün. Irgendwann ganz unten kommt der Colorado River. Den Fluss können wir jedoch während unserer Wanderung nicht sehen, denn der ist noch zu weit unten. Am Campground angekommen, sehen wir viele Eichhörnchen, die die Blüten der Kakteen fressen. Da die Blüten rot sind, ist fast das ganze Eichhörnchen rot gefärbt. Nach drei Stunden Abstieg mach wir ein Picknick. Eigentlich soll es jetzt noch 2,4 km weiter gehen bis zu einem Aussichtspunkt, an dem man den Colorado River sehen kann. Das Ziel hatten wir ganz oben vor Augen gehabt. Da wir jedoch nicht abschätzen können, wie lange wir für den Aufstieg benötigen, entscheiden wir uns dazu lieber jetzt schon wieder hoch zu gehen. Wir wollen ja auf jeden Fall im Hellen oben ankommen. Schade, denn den schönsten Ausblick streichen wir nun in unserem Plan. Also geht’s gleich wieder hoch.
Früher haben die Indianer auch in diesem Gebiet gelebt. Als die weißen Siedler kamen, wurde teilweise auch z.B. Kupfer im Grand Ganyon abgebaut. Das wurde jedoch relativ schnell wieder eingestellt, da es zu schwierig war, das Kupfer von dort abzutransportieren. Heute teilt sich der Grand Canyon auf in den National Park und die Reservate unterschiedlicher Indianerstämme. Als wir in den Park herein gefahren sind, sind wir ja auch aus dem Reservat der Navajo gekommen.
Als wir wieder hoch gehen kommt auch plötzlich die Sonne raus und es wird schlagartig richtig heiß. Nun ja, was stand immer auf den Schilder: Bedenke, „Runter gehen ist optional, aber hoch musst Du“! Nach den ersten paar Metern sind wir schön völlig außer Atem, weil es so warm wurde.
Vielleicht auch, weil man genau weiß, dass es jetzt anstrengend wird und es gibt kein zurück. Am Campground haben wir eine deutsche Familie getroffen, die bereits heute morgen um 9.00 Uhr losgelaufen sind und bis zum Fluss gelaufen sind. Jetzt waren sie, wie wir, auf halber Höhe wieder Richtung Ausgangspunkt. Wir laufen als erstes los und es dauert gar nicht lange, bis uns die Familie, Eltern mit jugendlichen Kindern, eingeholt hat. Wie im Gänsemarsch marschieren die vier an uns vorbei, strammen Schrittes, immer weiter. Wir sind sprachlos. Von untern beobachten wir, wie die vier einen riesen Vorsprung aufbauen. Eine Serpentine nach der anderen marschieren die einfach immer noch im Gänsemarsch nach oben. Wir sehen von weitem immer den neon gelben Rucksack vom Sohn aufblitzen. Simon guckt immer wieder nach oben und sagt „Angeber“! Wir stapfen weiter und es ist echt anstrengend. Die Familie kam aus dem Schwabenland, die gehen sicherlich öfter wandern. Vielleicht sollten wir doch mal zu Hause mehr Sport machen. Zum Glück ziehen so langsam wieder Wolken auf, so dass wir im Schatten weiter laufen können. Trotzdem tropft der Schweiß. Und die Familie läuft weiter, Schritt für Schritt, ohne Pause… Wie erbärmlich… Komplett durchgeschwitzt kommen wir an der Hälfte der Strecke an. Juhu, so schlimm kann es dann ja nicht mehr werden – denken wir… Dann kommt der steilste Aufstieg und wir wissen jetzt, warum die Leute heute morgen alle so fertig waren an dieser Stelle. Wir sind es jetzt auch! Aber der Blick über den Canyon ist trotzdem die ganze Zeit sehr beeindruckend. Am Ende haben wir 3 Stunden für den Abstieg und 4 Stunden für den Aufstieg gebraucht. Wir sind sehr zufrieden mit uns 😀
Komplett durchgeschwitzt und mit brennenden Beinen geht es die letzten Schritte bis zum Hotel und dann sofort unter die Dusche. Jetzt nur noch was essen (…da war wieder das Problem…) und dann ausruhen…
Der Grand Canyon ist der letzte Park unserer Reise. Morgen brechen wir schon wieder auf.
Am Anfang unserer Reise hatten wir uns einen Pass für sämtliche Nationalparks in Amerika gekauft, so dass wir problemlos von Nationalpark zu Nationalpark fahren konnten. Der Pass hat sich mittlerweile auf jeden Fall bezahlt gemacht!