Auf der Kaffeeplantage und drum herum

Nach einer Nacht auf einem doch sehr harten Bett geht es zum Frühstückstisch der Familie. Es gibt so eine Art Pfannkuchen – gefüllt mit Curry. Insgesamt würde es bei uns eher als Mittagessen durchgehen. Aber hier startet man wohl anders in den Tag. Dazu gibt es Tee und auch Kaffee von der eigenen Plantage. Also seehr frisch. Kaffee wird hier etwas anders gemacht. Es wird eine Unmenge an Pulver mit ein klein wenig Wasser aufgebrüht. Das Wasser läuft durch und wird somit eine Art „Kaffeekonzetrat“. Das kann man im Kühlschrank dann lagern. Bei Bedarf wird heisses Wasser nach Belieben darüber gegossen. So kann jeder entscheiden, ob man den Kaffee stark oder schwach mag.
Nach dem Frühstück machen wir einen geführten Rundgang über die Plantage. Uns wird sehr viel erklärt und gezeigt. Auf dem Weg bekommen wir erklärt, dass auf dem Boden wilder Koriander wächst. Einfach so, auf dem Weg worüber Autos fahren. In Deutschland muss man den teuer kaufen, hier wächst es wie Unkraut. An einem Kaffeebaum sehen wir uns die Kaffeefrüchte und die darin enthaltenen Samen an. Die „Beeren“ werden gepflückt und danach ca. 2 Wochen zum Trocknen in die Sonne gelegt. Danach käme das Abschälen der Schale und das Rösten der Kaffeebohnen – das passiert aber nicht hier. Auf dem Weg kommen wir noch bei einer Pfefferpflanze vorbei. Pfeffer wächst ähnlich wie bei uns Efeu. Hier wächst er meist an anderen Bäumen hoch. Je nach dem welchen Teil man von den Körnern verwendet, hat man roten Pfeffer (inkl. Frucht) oder weißen Pfeffer (nur der Kern der Frucht).
Neben vielen interessanten Gewächsen kommen wir auch zu den Reisfeldern. Im Grunde sieht Reis aus wie Korn, er wird nur anders angebaut. Da Reis es immer feucht haben muss, sind die Reisfelder meist unten an den Hängen. Dort sammelt sich bei Regen dann das Wasser.
Wir haben Glück mit dem Reisezeitpunkt. Wir können die Kaffeeernte sehen und der Reis ist ebenfalls kurz vor der Ernte. Auf dem Weg ist uns auch ein Grapefruit-Baum gezeigt worden. Nur mit dem Unterschied, dass die Früchte hier so groß werden wie Wassermelonen. Vorbei an Bananenfeldern kommen wir ins Dorf. Dort ist auch eine Art Kindertagesstätte. Wir sagen den Kindern einmal kurz Hallo. Die freuen sich so fremde Leute zu sehen. Hinter dem Dorf fangen Teefelder an. Hier gedeiht alles. Am Wegesrand kommen wir an dem bei uns bekannten Weihnachtsstern vorbei. Der Weihnachtsstern ist hier ein großer Baum mit den uns bekannten roten Blättern. Man sagt, der Weihnachtsstern war früher hier eine grüne Pflanze. Dann wurde die Pflanze gesegnet und danach wurden einige Blätter rot. Ein Mal im Jahr sollte jeder eine Pflanze auf seinem Tisch stehen haben um an das Wunder der Segnung zu gedenken. Durch die Engländer wurde die Pflanze als Weihnachtsstern nach Europa gebracht.
Nach dem Rundgang gehen wir zum „Dorfzentrum“. Wir brauchen wieder etwas Wasser. In einem der vielen Miniläden sind wir auch fündig geworden. Im Grunde gibt es im Dorf aber alles. Einen Schreiner, einen Automechaniker, Lebensmittelhändler und sogar einen Metzger – auch wenn hier viele Vegetarier sind. In der Stadt sehen wir eine ewig lange Menschenschlange an einem kleinen Laden stehen, es sind alles nur Männer. Unser Fahrer berichtet uns später, dass es die Warteschlange am Alkoholladen ist. In Kerala ist es in der Öffentlichkeit verboten, Alkohol zu trinken. Alkohol darf nur privat verzehrt werden. Auch in Restaurants wird Alkohol nur mit einer speziellen Lizenz verkauft.
Die Gasflaschen werden hier mit einen LKW verteilt. Der LKW hält in jeder Stadt an und die Leute können sich eine volle Gasflasche gegen Abgabe der alten leeren Flasche tauschen.
Es hupt wieder ununterbrochen. Hupen kann alles heißen: „Hallo, ich bin da“, „Achtung“, „Danke“, „Ich möchte Überholen“ Das reinste Hupkonzert. So langsam verstehen wir, wann gehupt wird. Vor jeder scharfen Kurve wird gehupt, damit alle gewarnt sind. Gefahren wir immer, Hauptsache man hupt vorher.
Vor den Hotels an den Straßen stehen hier lebendige Hotelschilder. Irgendjemand winkt wild mit einem Schild umher auf dem „Hotel“ steht, damit die Reisenden auf das Hotel aufmerksam werden. Hier ist alles anders…

Zurück bei der Unterkunft sagen wir noch kurz den Kaffeepflückern Hallo.
Nach einer kleinen Verschnaufpause geht’s dann weiter. Wir wollen eine Floßfahrt machen. Nachdem wir unnötigerweise 100m mit unserem Fahrer zurück gelegt haben (ich hoffe nicht, dass hier gedacht wird, dass weiße Touristen nicht laufen können), steigen wir auf ein Floß aus Bambusrohren auf. Das Wasser schwappt zwar durch, aber es schwimmt. Auch ich darf mal „das Steuer“ (= ein Stock zum abstoßen) übernehmen. Am Fluß stehen Leute und waschen Ihre Wäsche. Dabei wird die nasse Wäsche auch immer wieder auf einen Stein geschlagen. Von weitem klingt das wie eine Axt beim Baumfällen.
Es gibt hier noch die Stammesleute, die schon immer in den Wäldern gelebt haben. Das tuen sie heute auch noch. Sie leben ein ganz anderes Leben als wir Europäer und auch ein ganz anderes Leben als die meisten Inder. Sie sind zufrieden mit dem einfachen Leben auf dem Dorf. Sie gehen noch im Wald jagen, schießen Vögel, sitzen am Feuer vor ihren Hütten. Es gehen nicht unbedingt alle Kinder zur Schule und es arbeiten auch nicht unbedingt alle Familienmitglieder. Die Stammesleute leben in den Tag hinein und kümmern sich nur um heute, denken nicht an Sicherheit oder Sparen. Sie sind zufrieden, wenn es für heute genug zu Essen für die ganze Familie gibt. Über morgen wird heute nicht nachgedacht. Wir sind vielen Stammesleuten begegnet. Alle waren sehr freundlich und neugierig, unsere weiße Haut zu sehen. Wir waren natürlich genau so neugierig zu sehen, wie die Wäsche im Fluss gewaschen wird oder wieviele Familienmitglieder in einer Hütte leben. Ich glaube, es gab Momente, da haben wir uns gegenseitig angestarrt.

Nachdem wir auf dem Wasser unterwegs waren, wollen wir jetzt noch ein wenig Rad fahren. Es ist toll mit dem Rad über die Feldwege zu fahren wo links und rechts nur Tee zu sehen ist. Fast ein wenig wie die Weinberge zu Hause.
Nach der Radtour ist aber dann auch genug Aktivität für heute. Wir genießen die Dusche und sind gespannt auf das Abendessen. Heute soll es ein Festessen geben, dass es sonst bei Hochzeiten gibt. Dabei werden verschiedene „Sachen“ zubereitet, von denen alles in einer kleinen Portion auf ein Bananenblatt kommt. Ich würde ja sagen, dass es verschiedene Currys sind, aber es ist alles kalt und erinnert mehr an Salate, nur kräftig gewürzt. Dazu gibt es Papadam (so etwas Brotähnliches) und Reis. Wir haben schnell unsere Favoriten herausgefunden. Vom Nachtisch sind wir beide aber nicht so überzeugt. Wir sind es wohl nicht gewohnt, Linsen zum Nachtisch zu essen. Zum Abschluss gibt es noch einen Tee und wir können uns mit dem neuen Gast unterhalten. Ein Koch aus England. Er kommt von hier und hat in Cardiff ein indisches Restaurant. Aber heute gibts auch für ihn hier das Festessen.