Heute verlassen wir den Dschungel in den Bergen wieder. Unser Ziel heißt: Hausboot. Der Wecker klingelt wieder früh, aber das sind wir mittlerweile ja schon gewöhnt. Nach dem Frühstück mit einem Masala-Tee laden wir ein. Es wird heute auch die letzte Fahrt mit Baskar, unserem Fahrer sein. Die hat es aber nochmal in sich. Es geht wieder die Berge runter. Eine Spitzkehre nach der anderen.
Da unsere Tabletten alle waren, sind wir gestern noch einmal ins Dorf und haben in so etwas wie einer Apotheke Tabletten gekauft. Falls das nicht reicht, haben wir bei einem kleinen Gemüsehändler noch frischen Ingwer gekauft. Von Schiffsreisen weiß ich noch, dass Ingwer gegen Reisekrankheit hilft. Der Verkäufer hat uns nur ausgelacht als ich ihn gefragt hatte, was er denn für das eine Stückchen Ingwer bekommt. Er wollte es uns schenken, aber ich habe ihm zumindest mal 10 Rupie zugesteckt. So vorbereitet kann ja die Fahrt los gehen.
Mit einer Tablette intus treten wir die Fahrt an. Schnell merken wir aber, dass das nicht langt. Also kommt der Ingwer zum Einsatz. Heute morgen frisch geschält nimmt jeder ein Stückchen in den Mund zum darauf kauen. Mensch, der ist vielleicht scharf! Wahrscheinlich vergisst man vor lauter Schärfe, dass es einem schlecht wird. Aber: Es hilft tatsächlich!
Nach 4h Fahrt kommen wir an der Hausbootstation an. Eine Hausbootfahrt hier ist wohl nichts besonderes. Es gibt hunderte davon! Wir hoffen mal, dass wir ein Schönes bekommen und auch alleine sind. Es gibt Größen von für 2 Personen bis zu 8.
Die Hausboote waren früher Lastkähne. Irgendwann kam wohl mal jemand auf die Idee, Aufbauten darauf zu setzen und Hausbootfahrten für Touristen anzubieten. Das hätte derjenige sich mal patentieren lassen sollen! An Bord gibt es eine oder mehrere Kabinen mit Dusche/WC, teilweise auch mit Klimaanlage. Hinten ist dann auch eine kleine Küche, wo ein Koch den ganzen Tag Essen macht.
Wir kaufen noch ein paar Kleinigkeiten ein und verabschieden uns von unserem Fahrer. Dann checken wir ein und erhalten unsere Bordkarte. Fast ein bisschen wie AIDA – nur persönlicher.
Den Plan, auf ein Hausboot in Kerala zu gehen habe ich schon seit über 15 Jahren. Am Anfang meiner Ausbildung hatte ich eine Dokumentation für Arte bearbeitet mit dem Titel „Mit dem Hausboot durch Kerala“. Da hatte ich mir vorgenommen, das irgendwann auch mal zu machen.
Dann wird unser Gepäck auf ein kleines Boot aufgeladen. Es ist der Zubringer zum Hausboot. Wenn da mal unsere Koffer nicht vom Dach rutschen…das wäre echt blöd!
Wir sind da. „Boat number two“ fragt der Skipper – das sind wir! Wir steigen auf und bekommen einen kleinen Welcome Drink. Wir sind alleine auf dem Boot. Nur der Skipper, ein Koch und ein Helfer sind mit an Bord. Unsere Kabine sieht super aus. Doppelbett, Fenster und sogar eine Klimaanlage! Der Skipper legt ab und wir genießen auf dem Vorderdeck die Aussicht – bis wir vor einem Reisfeld anhalten und festmachen. Es gibt Mittagessen. Es wird reichlich aufgetischt – das schaffen wir garnicht alles! Wie auf den großen Schiffen…
Nach dem Essen tuckern wir weiter. Es sind ziemlich viele Boote unterwegs. Die meisten machen aber eine Tour mit nur einer Übernachtung. Da wir zwei Übernachtungen haben, wird es morgen wohl etwas leerer werden. Es ist total angenehm, die Landschaft anzuschauen, dabei das ruhige tuckern zu hören und zwischendurch etwas zu dösen. Sehr entspannt…
Irgendwann kommt dann auch schon der Nachmittagstee mit frittierten Bananen. Dazu zieht langsam die Landschaft vorbei. Man sieht, wie die Leute am Fluß wohnen und leben. Immer wieder kreuzen Wassertaxen unseren Kurs. Hier in den Backwaters ist der Bus auf dem Wasser. Schulkinder fahren damit nach der Schule nach Hause, die Einkäufe werden erledigt oder man fährt einfach von A nach B… Gelegentlich schippert auch noch ein Frachtschiff vorbei. Die haben Säcke mit Reis oder auch Baumaterial geladen.
Gegen 18:00 Uhr machen wir wieder fest. Das wird der Platz zur Übernachtung werden. Wir nutzen noch die letzen Sonnenstunden und gehen von Bord um die Gegend zu erkunden. Hinter dem Anleger sind erst einmal viele Reisfelder. Hier ist der Reis aber noch nicht erntereif. Er steht noch im Wasser und braucht noch etwas. Dann kommen wir in ein Dorf. Man merkt gleich, dass es hier weniger touristisch zu geht. Man wird nicht gleich gefragt, ob man ins Geschäft kommen mag. Man grüßt sich freundlich und lächelt die Leute an. Besonders Kinder sind sehr neugierig. Man bekommt gleich ein „Hello, how are you“ zugerufen. Nur wenn man zurück fragt wie es ihnen geht, kommt die Schüchternheit. Soweit sind sie meist im Englisch noch nicht 🙂
Hier kann man noch das Dorfleben mit erleben. An einer Stelle helfen ca. 30 Männer ein Boot aus dem Wasser zu ziehen – das muss wohl repariert werden. Da gibt es fast schon Volksfeststimmung.
Auf dem Weg zurück sehen wir noch einen schönen Sonnenuntergang. Dann aber jetzt auch schnell zurück zum Boot bevor es ganz dunkel ist. Und: Es gibt ja auch schon wieder Abendessen! Unser Koch hat wieder etwas Leckeres gezaubert. Frittierte Garnelen, Hühnchen (sehr lecker gewürzt) und diverse andere Töpfchen dazu. So haben Kerstin und ich noch ein schönes Candle-Light Dinner auf „unserem“ Boot…